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Leseprobe "Blutläufer 1: Grausame Ernte"

Stefan Burban • Dez. 12, 2022
Hier eine kurze Textstelle aus dem Roman "Blutläufer 1: Grausame Ernte":


Als Gareths Schwerer Kreuzer in das Draimina-System einfuhr, erkannte er auf den ersten Blick, dass etwas nicht stimmte. Rund um Draimina schwebten die Trümmer von vier oder fünf großen und mehreren Dutzend kleinen Raumschiffen.

 

Gareth identifizierte die Überreste mindestens dreier Truppentrans-porter, eines oder zweier Kreuzer sowie einer ganzen Reihe von Sturmtransportern. Zwischen den Wracks suchten Rettungsschiffe immer noch nach Überlebenden der Katastrophe. Außerdem hatte die Schutzflotte von Draimina das Kriegsrecht über das System verhängt. Irgendetwas war furchtbar schiefgegangen. Aber was? Hatten Sekari oder Syall einen Angriff auf die Präfekturhauptwelt gestartet? Vorstellbar, aber unwahrscheinlich. Selbst gemeinsam brachten beide Völker nicht mehr die Feuerkraft für einen so umfassenden Schlag auf. Jedenfalls nicht, ohne die Front empfindlich zu schwächen, was einen Gegenschlag des Imperiums quasi herausgefordert hätte. Außerdem waren lediglich Schiffswracks des Imperiums zu erkennen. Einen Angriff dieser Größenordnung hätte eine feindliche Flotte nur unter großen eigenen Verlusten überstanden.

»Gareth?«, meldete sich Christian. Die Stimme des Navigators klang überaus besorgt.

 

»Was gibt es?«               

 

»Man fordert uns auf, offensive und defensive Systeme zu deaktivieren. Außerdem weist man uns eine Eskorte zu, die uns auf eine Parkposition begleitet.«

 

Gareth neigte leicht den Kopf zur Seite. »Na schön, das mit der Deaktivierung der Waffen und Abwehrsysteme ist ungewöhnlich, aber nicht weiter verwunderlich, angesichts dieser Verwüstung. Aber das mit der Eskorte überrascht mich jetzt schon.«

 

»Es handelt sich um drei Schwere Kreuzer. Sie nähern sich bereits. Und sie drohen mit unserer Zerstörung, falls wir uns verdächtig verhalten.«

 

Gareths Augenbrauen wanderten in die Höhe. Das verblüffte ihn sogar noch mehr. »Folge ihren Anweisungen. Ich muss so schnell wie möglich da runter. Ich will wissen, was passiert ist.«

 

Es dauerte nicht lange und die drei Schweren Kreuzer kamen in Sicht. Gareth musste die Sensoren gar nicht erst konsultieren, um zu wissen, dass ihre Waffen voll aktiviert und auf den Kreuzer mit seiner Blutläufer-Besatzung gerichtet waren. Zwei der Kreuzer nahmen Flankenposition ein, der dritte setzte sich direkt hinter Gareths Schiff. Ein nicht sehr subtiler Hinweis, dass nur ein geringfügiger Vorwand genügte und die Ashrak würden die Blutläufer ins Jenseits pusten.

Ihre Kreuzereskorte brachte sie zu einer Parkposition in einem hohen Orbit. Nicht ganz zufällig, wie Gareth es schien. Ihr Schiff befand sich im Feuerbereich von vier Waffenplattformen. Die drei Kreuzer drehten um-gehend ab, jedoch nicht, ohne vorher noch eine Warnung zu übermitteln, wie dumm es wäre, die Position zu verlassen.

In Gareths Magengegend machte sich ein flaues Gefühl breit. Er hatte gehofft, mit dem Kreuzer landen zu können. Es hätte vieles vereinfacht. Nun musste er mit einem Beiboot zur Oberfläche.

 

Er wollte Christian gerade ersuchen, für ihn eine Erlaubnis einzuholen, den Planeten aufsuchen zu dürfen, als sich dieser auch schon meldete.

 

»Gareth? Cha’acko will dich sehen. Umgehend.«

 

Gareth seufzte. So viel also zur benötigten Erlaubnis. Er nickte und wandte sich Fabian zu. »Du hältst hier die Stellung.«

 

Sein Freund nickte. »Und was soll ich machen, wenn sie gegen uns vorgehen?«

 

Gareth schüttelte den Kopf. »Hätten sie das gewollt, wären wir bereits tot.« Er deutete durch das Brückenfenster ins All, wo gerade eine der Waffenplattformen vorüberschwebte. »Aber falls sie ihre Meinung ändern, glaube ich nicht, dass du viel unternehmen könntest.«

Fabian machte eine verkniffene Miene und nickte. Der Kexaxa Untray wirkte etwas unglücklich und verloren, wie er da stand und die Menschen auf der Brücke neugierig musterte. Gareth gab ihm mit einem Wink zu verstehen, ihm zu folgen.

 

Gemeinsam suchten sie den Beiboothangar auf, wo bereits ein Gefährt auf sie wartete. Den Flug zur Oberfläche legten sie schweigend zurück. Gareth konzentrierte sich darauf, die Vorgänge im Orbit und dem nahen Umfeld des Planeten zu beobachten.

Kreuzer unterschiedlicher Größen sicherten den Nahbereich von Draimina ab. Sie wurden ihrerseits von Zerstörern, Fregatten und Korvetten abgeschirmt. Über allem thronten vier große Schlachtschiffe, die jedes sich nähernde Schiff mit ihren Sensoren misstrauisch abtasteten.

 

Währenddessen liefen die Bergungsarbeiten auf Hochtouren. Draimina war nicht nur ein wichtiger militärischer Stützpunkt, sondern auch ein Hauptumschlagplatz für den Handel der Region. Der Präfekt wollte offenbar so schnell wie möglich zur Normalität zurückkehren.

Das Beiboot drang rasant in die Atmosphäre des Planeten ein. Gareth warf einen Blick aus dem Bullauge und bemerkte vier Jäger, die sich an ihre Fersen geheftet hatten. Er stieß einen leisen Pfiff aus. Was auch immer hier vorgefallen war, die Ashrak gingen wirklich kein Risiko mehr ein.

 

Das Beiboot setzte überraschend sanft auf und der Pilot fuhr die Rampe aus. »Du bleibst hier«, wies Gareth den Kexaxa an. »Du weißt, was du zu tun hast?« Untray nickte lediglich kurz.

 

Gareth hob den Blick, als er die Rampe hinabschlenderte. Er wurde bereits erwartet. In einiger Entfernung stand eine Formation aus acht Blutläufern, allesamt Ashrak. Doch es war die menschliche Blutläuferin, die direkt am Fuß der Rampe wartete, die seine Aufmerksamkeit wirklich fesselte.

 

Conny schien mit den Tränen zu kämpfen. Sie sah aus, als hätte sie die letzten Tage weder geschlafen noch gegessen. Gareth nahm sie kurz beiseite. Der Kommandant der Ashrakformation schien nicht bereit, ih-nen einen privaten Moment zu gönnen. Er kam mit weit ausgreifenden Schritten auf sie zu. Gareth erkannte, dass ihnen nicht viel Zeit blieb.

 

»Gib mir die Kurzfassung!«, forderte er sie auf.

 

»Es tut mir leid, Gareth. Es tut mir so leid. Ich habe versucht, ihn aufzuhalten. Aber er war zu entschlossen.«

 

Das war alles an Information, was er benötigte. Er warf einen verzweifelten Blick gen Himmel und fluchte unterdrückt. »Victor!«. Conny nickte.


»Was hat der verfluchte Idiot angestellt?«, wollte Gareth wissen. Bevor Conny antworten konnte, war der Ashrakoffizier zur Stelle und forderte Gareth mit einer wortlosen Geste auf, ihm zu folgen. Seiner Kör-persprache und der Färbung seiner Schuppen nach handelte es sich nicht um eine Bitte. Gareth nickte und wandte sich ein letztes Mal Conny zu.

 

»Zurück in die Kaserne mit dir. Wir reden später.«

 

Die Blutläuferin nickte und zog sich unter den missmutigen Blicken der Ashrak zurück. Die Soldaten nahmen Gareth in die Mitte und gemein-sam bestiegen sie ein Fahrzeug, das sie binnen einer halben Stunde zur militärischen Kommandoplattform brachte. Dort angekommen, wurde er entwaffnet, seine Rüstung wurde deaktiviert und er wurde gründlich durchsucht, bevor man ihn nach oben und direkt in Cha’ackos Büro brachte.

 

Gareth nahm Haltung an. Dem Protokoll folgend, fixierte er mit seinem Blick einen Punkt hinter dem bulligen Kopf des fischähnlichen Wesens, während dieses seinerseits Gareth angestrengt musterte.

So hatte Gareth ihn noch nie erlebt. Der Honuh-ton-Agent wirkte nicht wirklich wütend. Eher verwirrt – und enttäuscht.

 


»Sag mir, dass du nichts davon wusstest.«

 

Gareth schluckte. »Es wäre hilfreich zu wissen, wovon ich nichts wusste.«

 

Es war eine freche Antwort. Das war ihm klar. Aber die Ashrak schätzten Mut und so trat Gareth die Flucht nach vorn an. Cha’acko musterte ihn einen unendlich scheinenden Moment lang. Das Gelb seiner Schuppen schwächte sich etwas ab. Schließlich aktivierte er einen Bildschirm und drehte ihn so, dass Gareth sehen konnte, was darauf ablief.

 

Gareth schluckte schwer. Er hatte alle Mühe, sich seine Überraschung und Abscheu nicht anmerken zu lassen. Auf dem Bildschirm war ein dunkler, karger Raum zu erkennen. Es gab weder Tisch noch Stühle. Ein männlicher Mensch war in Ketten gelegt, die von der Decke hingen. Man hatte ihn so weit hochgezogen, dass die Zehenspitzen des Mannes nur noch mit Mühe den Boden berührten. Das Ganze erinnerte eher an eine Szene aus dem tiefsten Mittelalter und nicht an ein Verhör, wie man es von einer hoch technisierten Gesellschaft erwartet hätte.

 

Der Mann war offensichtlich gefoltert worden. Er war nackt und sein bloßer Körper war mit Wunden unterschiedlichen Alters übersät. Einige waren noch frisch und bluteten stark, andere waren bereits verschorft. Das rechte Auge war stark zugeschwollen. Das andere jedoch blitzte seine Folterknechte mit ungebrochenem Zorn, Verachtung und sogar Trotz an.

 

Drei Ashrak hatten sich um den Mann versammelt. Noch während Gareth zusah, schlug einer der Folterknechte dem Gefangenen brutal in die rechte Niere. Dieser bäumte sich auf und sah zum ersten Mal direkt in die Kameralinse. Es handelte sich um Victor Rodriguez.

Cha’acko beobachtete Gareth genau und schien dessen Reaktion explizit zu analysieren. Nach einigen Augenblicken lehnte er sich offenbar zufrieden zurück. »Du hattest keine Ahnung.« Die Worte wurden mit einiger Erleichterung ausgesprochen.

 

Gareth war gelinde gesagt froh. Natürlich war seine Reaktion authentisch. Victor hatte etwas Dummes angestellt und Gareth hatte natürlich keine Ahnung gehabt. Und der Ashrak interpretierte das sehr richtig als Unwissenheit. Zum Glück wusste er nicht, worauf sich diese bezog.

Gareth schluckte erneut und versuchte den Kloß loszuwerden, der sich in seinem Hals zu bilden drohte. »Was ist geschehen?«

 

»Etwa zwei Wochen nach deinem Aufbruch hat dieser Kerl zusammen mit rund drei Dutzend Mitverschwörern es geschafft, an Bord einiger Sturmtransporter Sprengladungen anzubringen. Sie wurden während des Andockmanövers an ihre Truppentransporter gezündet. Das Ergebnis dürfte dir während des Anflugs nicht entgangen sein. Die Explosionen lösten Sekundärdetonationen aus, die nicht nur die Sturmtransporter, sondern auch ihre größeren Mutterschiffe erfassten. Einige Kriegsschiffe befanden sich ebenfalls im Zerstörungsradius.«

 

»Wie hoch sind die Verluste?«

 

Cha’acko zögerte. »Das hat dich nicht zu interessieren. Nur so viel: Sie sind erheblich. Und es sind fast ausnahmslos Ashrak. Einige menschliche Navigatoren sind auch noch darunter. Die Rod’Or sind überaus wütend.«

 

»Deswegen also das Kriegsrecht und der Ausnahmezustand.« Cha’acko nickte und deutete auf die Szene, die sich auf seinem Bildschirm abspielte. »Das ist einer von deinen Leuten.«

 

Gareth erstarrte, schüttelte dann jedoch den Kopf. »Keiner von meinem. Er führt einen anderen Trupp.«

 

»Aber ihr gehört der gleichen Kolonne an.«

 

»Wodurch er eigentlich einer von Gar’rakas Leuten ist, wenn man es genau nimmt.«

 

Cha’ackos Schuppen nahmen eine leicht amüsierte Note an. »Sehr clever – deine Formulierung. Die Frage ist aber, wie konnte so eine Verschwörung innerhalb einer Einheit der Schwarzen Hand überhaupt entstehen?« Cha’acko stellte den Ton lauter.

 

»Wer sind deine Mitverschwörer, Sklave?«, fragte einer der Folterer den gefangenen Victor.

 

Dieser funkelte den Ashrak lediglich hasserfüllt an. »Ich bin kein Sklave«, giftete er zurück. »Ich ein Mensch und ich verachte euch. Euch alle.«

 

Cha’acko stellte den Ton wieder aus. »Hörst du das? Das Implantat hat offenbar keinerlei Einfluss mehr auf ihn.«

 

Gareth neigte leicht den Kopf zur Seite. »Eine Anomalie vielleicht.«

»Bei drei Dutzend Blutläufern? Das wäre statistisch höchst unwahrscheinlich.«

 

»Aber nicht unmöglich.«

 

»Selbst wenn ich bereit wäre, das in Betracht zu ziehen, wie sollten drei Dutzend Anomalien zueinanderfinden? Sie müssten ja voneinander wissen, um eine solche Aktion koordiniert zu planen und durchzuführen.«

 

Gareth schwieg, hauptsächlich aus dem einen Grund, dass Cha’acko seinen Finger in eine äußerst gefährliche Wunde legte. Er stellte nämlich die eine Frage, auf die es keine Antwort gab, die Gareths Widerstandsbewegung nicht in Gefahr brachte.

 


Er entschied sich, die Taktik zu ändern. Gareth deutete mit dem Kinn auf den Bildschirm. »Ist das live? Wenn ich mit ihm sprechen könnte, bringe ich vielleicht mehr aus ihm heraus.«

 

»Das ist nur eine Aufzeichnung.« Cha’acko lehnte sich leicht zurück. »Der Mann war verstockt. Aus ihm war nichts herauszubringen, egal welche Methoden der Informationsgewinnung wir auch anwandten. Ich schickte ihn in die Organverwertung. Bereits vor einer Woche. Seine Mitverschwörer ebenso.«

 

Gareth senkte leicht den Kopf. Er wurde sich bewusst, dass Cha’acko ihn immer noch genau beobachtete. »Du wirkst betroffen. Er war immerhin ein Verräter.«

 

»Ich trauere nur um die Verschwendung guten Materials«, gab Gareth zurück und nahm wieder seine Habachtstellung ein. Das Lügen ging ihm inzwischen glänzend von der Hand. Cha’acko musterte ihn erneut eindringlich, lockerte dann aber seine Haltung, offenbar mit der Antwort einverstanden.


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Und es gibt weitere gute Nachrichten. Die Romane "Das gefallene Imperium 1: Die letzte Bastion" und "Blutläufer 1: Grausame Ernte" stehen ebenfalls jeweils bei über 20.000 verkauften Exemplaren. Die Werke "Skull 1: Zu neuer Würde" und "Die Chronik des großen Dämonenkrieges 1: Das Vermächtnis des Königs", haben jeweils die Marke von 10.000 verkauften Exemplaren überschritten. Damit sind die Startbände der meisten meiner Serien jetzt fünfstellig bei den Verkaufszahlen. Ein großartiger Erfolg.
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Der Roman "Der Ruul-Konflikt 1: Düstere Vorzeichen" hat sich bisher unglaubliche 20.000 Mal verkauft. Und nächstes Jahr im Oktober feiert das Werk sein 15jähriges Jubiläum. Es war der Beginn einer epischen Reise aus nunmehr 17 Romanen, die Zehntausende Menschen in die Weiten des Alls und inmitten des Konflikts gegen die aggressiven Ruul entführt hat und noch entführen wird. Es macht mich einfach nur stolz und auch demütig, dass die Serie meiner Feder entsprungen ist. Ich wünsche allen Lesern und Hörern weiterhin viel Spaß mit der Serie und allen anderen Projekten von mir.
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