Leseprobe "Blutläufer 1: Grausame Ernte"

Stefan Burban • 12. Dezember 2022
Hier eine kurze Textstelle aus dem Roman "Blutläufer 1: Grausame Ernte":


Als Gareths Schwerer Kreuzer in das Draimina-System einfuhr, erkannte er auf den ersten Blick, dass etwas nicht stimmte. Rund um Draimina schwebten die Trümmer von vier oder fünf großen und mehreren Dutzend kleinen Raumschiffen.

 

Gareth identifizierte die Überreste mindestens dreier Truppentrans-porter, eines oder zweier Kreuzer sowie einer ganzen Reihe von Sturmtransportern. Zwischen den Wracks suchten Rettungsschiffe immer noch nach Überlebenden der Katastrophe. Außerdem hatte die Schutzflotte von Draimina das Kriegsrecht über das System verhängt. Irgendetwas war furchtbar schiefgegangen. Aber was? Hatten Sekari oder Syall einen Angriff auf die Präfekturhauptwelt gestartet? Vorstellbar, aber unwahrscheinlich. Selbst gemeinsam brachten beide Völker nicht mehr die Feuerkraft für einen so umfassenden Schlag auf. Jedenfalls nicht, ohne die Front empfindlich zu schwächen, was einen Gegenschlag des Imperiums quasi herausgefordert hätte. Außerdem waren lediglich Schiffswracks des Imperiums zu erkennen. Einen Angriff dieser Größenordnung hätte eine feindliche Flotte nur unter großen eigenen Verlusten überstanden.

»Gareth?«, meldete sich Christian. Die Stimme des Navigators klang überaus besorgt.

 

»Was gibt es?«               

 

»Man fordert uns auf, offensive und defensive Systeme zu deaktivieren. Außerdem weist man uns eine Eskorte zu, die uns auf eine Parkposition begleitet.«

 

Gareth neigte leicht den Kopf zur Seite. »Na schön, das mit der Deaktivierung der Waffen und Abwehrsysteme ist ungewöhnlich, aber nicht weiter verwunderlich, angesichts dieser Verwüstung. Aber das mit der Eskorte überrascht mich jetzt schon.«

 

»Es handelt sich um drei Schwere Kreuzer. Sie nähern sich bereits. Und sie drohen mit unserer Zerstörung, falls wir uns verdächtig verhalten.«

 

Gareths Augenbrauen wanderten in die Höhe. Das verblüffte ihn sogar noch mehr. »Folge ihren Anweisungen. Ich muss so schnell wie möglich da runter. Ich will wissen, was passiert ist.«

 

Es dauerte nicht lange und die drei Schweren Kreuzer kamen in Sicht. Gareth musste die Sensoren gar nicht erst konsultieren, um zu wissen, dass ihre Waffen voll aktiviert und auf den Kreuzer mit seiner Blutläufer-Besatzung gerichtet waren. Zwei der Kreuzer nahmen Flankenposition ein, der dritte setzte sich direkt hinter Gareths Schiff. Ein nicht sehr subtiler Hinweis, dass nur ein geringfügiger Vorwand genügte und die Ashrak würden die Blutläufer ins Jenseits pusten.

Ihre Kreuzereskorte brachte sie zu einer Parkposition in einem hohen Orbit. Nicht ganz zufällig, wie Gareth es schien. Ihr Schiff befand sich im Feuerbereich von vier Waffenplattformen. Die drei Kreuzer drehten um-gehend ab, jedoch nicht, ohne vorher noch eine Warnung zu übermitteln, wie dumm es wäre, die Position zu verlassen.

In Gareths Magengegend machte sich ein flaues Gefühl breit. Er hatte gehofft, mit dem Kreuzer landen zu können. Es hätte vieles vereinfacht. Nun musste er mit einem Beiboot zur Oberfläche.

 

Er wollte Christian gerade ersuchen, für ihn eine Erlaubnis einzuholen, den Planeten aufsuchen zu dürfen, als sich dieser auch schon meldete.

 

»Gareth? Cha’acko will dich sehen. Umgehend.«

 

Gareth seufzte. So viel also zur benötigten Erlaubnis. Er nickte und wandte sich Fabian zu. »Du hältst hier die Stellung.«

 

Sein Freund nickte. »Und was soll ich machen, wenn sie gegen uns vorgehen?«

 

Gareth schüttelte den Kopf. »Hätten sie das gewollt, wären wir bereits tot.« Er deutete durch das Brückenfenster ins All, wo gerade eine der Waffenplattformen vorüberschwebte. »Aber falls sie ihre Meinung ändern, glaube ich nicht, dass du viel unternehmen könntest.«

Fabian machte eine verkniffene Miene und nickte. Der Kexaxa Untray wirkte etwas unglücklich und verloren, wie er da stand und die Menschen auf der Brücke neugierig musterte. Gareth gab ihm mit einem Wink zu verstehen, ihm zu folgen.

 

Gemeinsam suchten sie den Beiboothangar auf, wo bereits ein Gefährt auf sie wartete. Den Flug zur Oberfläche legten sie schweigend zurück. Gareth konzentrierte sich darauf, die Vorgänge im Orbit und dem nahen Umfeld des Planeten zu beobachten.

Kreuzer unterschiedlicher Größen sicherten den Nahbereich von Draimina ab. Sie wurden ihrerseits von Zerstörern, Fregatten und Korvetten abgeschirmt. Über allem thronten vier große Schlachtschiffe, die jedes sich nähernde Schiff mit ihren Sensoren misstrauisch abtasteten.

 

Währenddessen liefen die Bergungsarbeiten auf Hochtouren. Draimina war nicht nur ein wichtiger militärischer Stützpunkt, sondern auch ein Hauptumschlagplatz für den Handel der Region. Der Präfekt wollte offenbar so schnell wie möglich zur Normalität zurückkehren.

Das Beiboot drang rasant in die Atmosphäre des Planeten ein. Gareth warf einen Blick aus dem Bullauge und bemerkte vier Jäger, die sich an ihre Fersen geheftet hatten. Er stieß einen leisen Pfiff aus. Was auch immer hier vorgefallen war, die Ashrak gingen wirklich kein Risiko mehr ein.

 

Das Beiboot setzte überraschend sanft auf und der Pilot fuhr die Rampe aus. »Du bleibst hier«, wies Gareth den Kexaxa an. »Du weißt, was du zu tun hast?« Untray nickte lediglich kurz.

 

Gareth hob den Blick, als er die Rampe hinabschlenderte. Er wurde bereits erwartet. In einiger Entfernung stand eine Formation aus acht Blutläufern, allesamt Ashrak. Doch es war die menschliche Blutläuferin, die direkt am Fuß der Rampe wartete, die seine Aufmerksamkeit wirklich fesselte.

 

Conny schien mit den Tränen zu kämpfen. Sie sah aus, als hätte sie die letzten Tage weder geschlafen noch gegessen. Gareth nahm sie kurz beiseite. Der Kommandant der Ashrakformation schien nicht bereit, ih-nen einen privaten Moment zu gönnen. Er kam mit weit ausgreifenden Schritten auf sie zu. Gareth erkannte, dass ihnen nicht viel Zeit blieb.

 

»Gib mir die Kurzfassung!«, forderte er sie auf.

 

»Es tut mir leid, Gareth. Es tut mir so leid. Ich habe versucht, ihn aufzuhalten. Aber er war zu entschlossen.«

 

Das war alles an Information, was er benötigte. Er warf einen verzweifelten Blick gen Himmel und fluchte unterdrückt. »Victor!«. Conny nickte.


»Was hat der verfluchte Idiot angestellt?«, wollte Gareth wissen. Bevor Conny antworten konnte, war der Ashrakoffizier zur Stelle und forderte Gareth mit einer wortlosen Geste auf, ihm zu folgen. Seiner Kör-persprache und der Färbung seiner Schuppen nach handelte es sich nicht um eine Bitte. Gareth nickte und wandte sich ein letztes Mal Conny zu.

 

»Zurück in die Kaserne mit dir. Wir reden später.«

 

Die Blutläuferin nickte und zog sich unter den missmutigen Blicken der Ashrak zurück. Die Soldaten nahmen Gareth in die Mitte und gemein-sam bestiegen sie ein Fahrzeug, das sie binnen einer halben Stunde zur militärischen Kommandoplattform brachte. Dort angekommen, wurde er entwaffnet, seine Rüstung wurde deaktiviert und er wurde gründlich durchsucht, bevor man ihn nach oben und direkt in Cha’ackos Büro brachte.

 

Gareth nahm Haltung an. Dem Protokoll folgend, fixierte er mit seinem Blick einen Punkt hinter dem bulligen Kopf des fischähnlichen Wesens, während dieses seinerseits Gareth angestrengt musterte.

So hatte Gareth ihn noch nie erlebt. Der Honuh-ton-Agent wirkte nicht wirklich wütend. Eher verwirrt – und enttäuscht.

 


»Sag mir, dass du nichts davon wusstest.«

 

Gareth schluckte. »Es wäre hilfreich zu wissen, wovon ich nichts wusste.«

 

Es war eine freche Antwort. Das war ihm klar. Aber die Ashrak schätzten Mut und so trat Gareth die Flucht nach vorn an. Cha’acko musterte ihn einen unendlich scheinenden Moment lang. Das Gelb seiner Schuppen schwächte sich etwas ab. Schließlich aktivierte er einen Bildschirm und drehte ihn so, dass Gareth sehen konnte, was darauf ablief.

 

Gareth schluckte schwer. Er hatte alle Mühe, sich seine Überraschung und Abscheu nicht anmerken zu lassen. Auf dem Bildschirm war ein dunkler, karger Raum zu erkennen. Es gab weder Tisch noch Stühle. Ein männlicher Mensch war in Ketten gelegt, die von der Decke hingen. Man hatte ihn so weit hochgezogen, dass die Zehenspitzen des Mannes nur noch mit Mühe den Boden berührten. Das Ganze erinnerte eher an eine Szene aus dem tiefsten Mittelalter und nicht an ein Verhör, wie man es von einer hoch technisierten Gesellschaft erwartet hätte.

 

Der Mann war offensichtlich gefoltert worden. Er war nackt und sein bloßer Körper war mit Wunden unterschiedlichen Alters übersät. Einige waren noch frisch und bluteten stark, andere waren bereits verschorft. Das rechte Auge war stark zugeschwollen. Das andere jedoch blitzte seine Folterknechte mit ungebrochenem Zorn, Verachtung und sogar Trotz an.

 

Drei Ashrak hatten sich um den Mann versammelt. Noch während Gareth zusah, schlug einer der Folterknechte dem Gefangenen brutal in die rechte Niere. Dieser bäumte sich auf und sah zum ersten Mal direkt in die Kameralinse. Es handelte sich um Victor Rodriguez.

Cha’acko beobachtete Gareth genau und schien dessen Reaktion explizit zu analysieren. Nach einigen Augenblicken lehnte er sich offenbar zufrieden zurück. »Du hattest keine Ahnung.« Die Worte wurden mit einiger Erleichterung ausgesprochen.

 

Gareth war gelinde gesagt froh. Natürlich war seine Reaktion authentisch. Victor hatte etwas Dummes angestellt und Gareth hatte natürlich keine Ahnung gehabt. Und der Ashrak interpretierte das sehr richtig als Unwissenheit. Zum Glück wusste er nicht, worauf sich diese bezog.

Gareth schluckte erneut und versuchte den Kloß loszuwerden, der sich in seinem Hals zu bilden drohte. »Was ist geschehen?«

 

»Etwa zwei Wochen nach deinem Aufbruch hat dieser Kerl zusammen mit rund drei Dutzend Mitverschwörern es geschafft, an Bord einiger Sturmtransporter Sprengladungen anzubringen. Sie wurden während des Andockmanövers an ihre Truppentransporter gezündet. Das Ergebnis dürfte dir während des Anflugs nicht entgangen sein. Die Explosionen lösten Sekundärdetonationen aus, die nicht nur die Sturmtransporter, sondern auch ihre größeren Mutterschiffe erfassten. Einige Kriegsschiffe befanden sich ebenfalls im Zerstörungsradius.«

 

»Wie hoch sind die Verluste?«

 

Cha’acko zögerte. »Das hat dich nicht zu interessieren. Nur so viel: Sie sind erheblich. Und es sind fast ausnahmslos Ashrak. Einige menschliche Navigatoren sind auch noch darunter. Die Rod’Or sind überaus wütend.«

 

»Deswegen also das Kriegsrecht und der Ausnahmezustand.« Cha’acko nickte und deutete auf die Szene, die sich auf seinem Bildschirm abspielte. »Das ist einer von deinen Leuten.«

 

Gareth erstarrte, schüttelte dann jedoch den Kopf. »Keiner von meinem. Er führt einen anderen Trupp.«

 

»Aber ihr gehört der gleichen Kolonne an.«

 

»Wodurch er eigentlich einer von Gar’rakas Leuten ist, wenn man es genau nimmt.«

 

Cha’ackos Schuppen nahmen eine leicht amüsierte Note an. »Sehr clever – deine Formulierung. Die Frage ist aber, wie konnte so eine Verschwörung innerhalb einer Einheit der Schwarzen Hand überhaupt entstehen?« Cha’acko stellte den Ton lauter.

 

»Wer sind deine Mitverschwörer, Sklave?«, fragte einer der Folterer den gefangenen Victor.

 

Dieser funkelte den Ashrak lediglich hasserfüllt an. »Ich bin kein Sklave«, giftete er zurück. »Ich ein Mensch und ich verachte euch. Euch alle.«

 

Cha’acko stellte den Ton wieder aus. »Hörst du das? Das Implantat hat offenbar keinerlei Einfluss mehr auf ihn.«

 

Gareth neigte leicht den Kopf zur Seite. »Eine Anomalie vielleicht.«

»Bei drei Dutzend Blutläufern? Das wäre statistisch höchst unwahrscheinlich.«

 

»Aber nicht unmöglich.«

 

»Selbst wenn ich bereit wäre, das in Betracht zu ziehen, wie sollten drei Dutzend Anomalien zueinanderfinden? Sie müssten ja voneinander wissen, um eine solche Aktion koordiniert zu planen und durchzuführen.«

 

Gareth schwieg, hauptsächlich aus dem einen Grund, dass Cha’acko seinen Finger in eine äußerst gefährliche Wunde legte. Er stellte nämlich die eine Frage, auf die es keine Antwort gab, die Gareths Widerstandsbewegung nicht in Gefahr brachte.

 


Er entschied sich, die Taktik zu ändern. Gareth deutete mit dem Kinn auf den Bildschirm. »Ist das live? Wenn ich mit ihm sprechen könnte, bringe ich vielleicht mehr aus ihm heraus.«

 

»Das ist nur eine Aufzeichnung.« Cha’acko lehnte sich leicht zurück. »Der Mann war verstockt. Aus ihm war nichts herauszubringen, egal welche Methoden der Informationsgewinnung wir auch anwandten. Ich schickte ihn in die Organverwertung. Bereits vor einer Woche. Seine Mitverschwörer ebenso.«

 

Gareth senkte leicht den Kopf. Er wurde sich bewusst, dass Cha’acko ihn immer noch genau beobachtete. »Du wirkst betroffen. Er war immerhin ein Verräter.«

 

»Ich trauere nur um die Verschwendung guten Materials«, gab Gareth zurück und nahm wieder seine Habachtstellung ein. Das Lügen ging ihm inzwischen glänzend von der Hand. Cha’acko musterte ihn erneut eindringlich, lockerte dann aber seine Haltung, offenbar mit der Antwort einverstanden.


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Derzeit arbeite ich am mittlerweile 11. Band der SF-Serie "Das gefallene Imperium" unter dem Titel "Waffenbrüder". Aus diesem Anlass hier nochmal eine Leseprobe zu Band 1 "Die letzte Bastion": Der Boden bäumte sich unter Captain Horatio Lestrade auf. Der drahtige Offizier in der marineblauen Uniform der terranisch-imperialen Raumflotte hielt sich nur unter größten Mühen aufrecht. Der Mann in Zivilkleidung mit dem schütteren Haar, der vor ihm auf dem Sessel saß, traktierte die Tastatur auf dem Tisch mit beiden Händen, als wolle er die Tasten in den Tisch hineinhämmern. »Wie lange noch?«, fragte Lestrade gepresst. »Bin gleich so weit«, erklärte der Mann aufs Höchste konzentriert und wischte sich einige Schweißperlen von der Stirn. Lestrade gönnte dem Computer, der die ganze hintere Wand des Raumes einnahm, kaum einen Blick, obwohl dieser den Grund für sein Hiersein darstellte. Eine weitere Explosion erschütterte die Militärbasis Luna drei in ihren Grundfesten. Dieses Mal konnte sich Lestrade nur aufrecht halten, weil er im letzten Moment nach der Sessellehne seines Gesprächspartners griff und sich mit den Fingernägeln festkrallte. »Mario?! Es ist langsam wirklich an der Zeit.« »Ich weiß! Ich weiß«, erwiderte der Mann und steigerte seine Bemühungen sogar noch. Lestrades Armbandkom piepste und forderte die uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Captains. »Ja?«, fragte er ungeduldig. »Captain?« Die Stimme gehörte Commander Eugene Mueller, seinem XO an Bord der VENGEANCE. »Was gibt es, Eugene?« »Die Drizil haben die Mars-Verteidigungslinie durchbrochen. Ihre Hauptstreitmacht hält direkt auf die Erde zu. Die Kolonien der Jupitermonde sind bereits gefallen und der Mars steht kurz davor zu fallen. Falls wir hier wegwollen, müssen wir es jetzt tun.« »Irgendwelche Nachrichten von Lord Admiral Maskirov?« »Tot. Sein Flaggschiff wurde während des Rückzugs zum Mars zer stört. Genauso wie die Hälfte seines Kommandos. Alles fällt auseinander. Die Verteidigung wird das nicht mehr lange durchhalten. Die Flotte im System ist in Dutzende Grüppchen zersplittert.« Lestrade schloss für einen Moment die Augen. Maskirov war es gewesen, der ihn vor fünf Jahren zum Captain befördert und zum Kommandanten der VENGEANCE ernannt hatte. Und schon zuvor hatte ihn ein beinahe freundschaftliches Verhältnis mit dem Mann verbunden. Dessen Tod traf ihn in seiner Seele und öffnete ein tiefes Loch, das kaum zu fül len war. »Captain?«, drängte Mueller. »Weitere Drizilschiffe nehmen Kurs auf den Erdmond.« In diesem Moment stieß der Mann auf dem Sessel einen triumphierenden Schrei aus, betätigte noch zwei Tasten und zog ein Speichergerät aus einem Schlitz an der Seite des Computers. »Bereiten Sie alles für den Start vor. Ich bin unterwegs.« Lestrade riss dem Mann das Speichergerät praktisch aus den Händen und wandte sich den ungeduldig hinter ihm wartenden Marines zu. »Gentlemen. Es wird Zeit zu gehen.« Er wandte sich ein letztes Mal um. »Komm, Mario. Wir verschwin den.« »Ohne mich, alter Freund.« Lestrade blieb abrupt stehen und warf dem Mann einen ungläubigen Blick zu. »Sieh mich nicht so an«, lächelte sein Gegenüber wehmütig. »Selbstmord ist doch sonst nicht deine Art«, hielt Lestrade ihm vor. »Mit Selbstmord hat das wenig zu tun, Horatio.« Er deutete auf den Computer. »Jemand muss dafür sorgen, dass den Drizil das hier nicht in die Hände fällt. Ich werde den gesamten Speicherkern löschen und den Computer anschließend in die Luft jagen. Es ist die einzige Möglichkeit, um zu verhindern, dass die Drizil Profit aus der Einnahme dieser Basis schlagen.« »Und was wird dann aus dir?« Der Mann zuckte ergeben mit den Achseln. »Das wird sich zeigen. Je nachdem, in welcher Stimmung die Drizil sind. Kriegsgefangenschaft – oder tot.« »Mario …«, begann Lestrade, doch der Mann hob Einhalt gebietend die Hand. »Meine Entscheidung steht. Mach es mir nicht noch schwerer. Es gibt keinen anderen Weg. Vielleicht können wir auf diese Weise ein paar wenige Systeme und Menschenleben retten. Es ist nur eine kleine Hoffnung, doch wenn mein Hierbleiben die Eroberung auch nur eines einzigen Systems verhindert, dann hat es sich für mich gelohnt.« »Captain«, drang erneut die Stimme seines XO aus dem Armbandkom, »Enterschiffe der Drizil haben die Außenhülle der Militärbasis gerammt. Wir konnten nicht alle abschießen.« »Ich komme«, erwiderte der Offizier eilig, bevor er sich wieder seinem Gegenüber zuwandte. »Viel Glück, Mario.« »Dir auch, Horatio.« Captain Horatio Lestrade drehte sich um und warf keinen Blick zurück, während er, umgeben von seinen Marines, den Korridor entlangeilte. Er fürchtete, vor Scham, Frustration und Wut in Tränen auszubre chen, würde er es doch tun. Die Militärbasis Luna schmiegte sich in einen Krater auf der Oberflä che des Erdmondes, der vor Äonen von einem Meteoriten geschlagen worden war. Die Basis beherbergte etwa fünfhundert zivile Angestellte und an die eintausendfünfhundert Soldaten. All diese Personen waren auf den Beinen und liefen durcheinander. Angesichts der Invasion und der drohenden Niederlage verfielen sie langsam in Panik. Die Soldaten unter der Basisbesatzung schienen noch bemüht, so etwas wie Ordnung und Disziplin aufrechtzuerhalten, doch die Zivilisten wirkten wie eine Horde aufgeschreckter Hühner. Plötzlich drang eine hektisch klingende Stimme aus den Deckenlautsprechern. »Driziltruppen in der Basis! Driziltruppen in der Basis! Alle Mann auf Abwehrstation!« Soldaten der Basis gingen am Ende des Korridors in Stellung, den Feind erwartend. Zivilisten, die sie behinderten, wurden ungeduldig aus dem Weg gescheucht. Aus dem Augenwinkel bemerkte Lestrade, wie die Marines in seiner Begleitung ihre Kampfanzüge versiegelten und die M-22-Nadelgewehre durchluden. Lestrade hätte sich in diesem Augenblick nichts sehnlicher gewünscht, als ebenfalls in einem Kampfanzug zu stecken. Die Drizil waren eine fledermausähnliche Spezies, auf die die Menschheit vor etwa einem Jahr zehnt zum ersten Mal getroffen war. Und wie Fledermäuse waren die Drizil fast blind, verfügten jedoch über ein Organ, das ähnlich einem Echolot zur Orientierung Schallwellen ausstieß. Diese Schallwellen stell ten jedoch für Menschen auch eine höchst gefährliche Waffe dar. Die Effekte des ausgestoßenen Tones reichten von leichter Benommenheit und Ohnmacht über geplatzte Trommelfelle bis hin zu Koma und in Extrem fällen sogar Tod, da die Schallwellen in der Lage waren, Gehirnblutungen auszulösen, falls sie eine bestimmte Hochfrequenz erreichten. Lestrade hätte nicht gedacht, dass die Drizil in der Lage waren, die Verteidigung des Solsystems derart schnell zu überwinden. Ansonsten hätte er auf jeden Fall seinen Kampfanzug angelegt, bevor er sein Schiff verließ. Jedoch schienen ihm zu diesem Zeitpunkt Geschwindigkeit und Beweglichkeit wichtiger denn umfassender Schutz. Etwa hundert Meter voraus peitschte eine Explosion durch den Korridor. Menschen in der Nähe wurden wie Stoffpuppen durch die Luft ge schleudert. Viele standen nicht mehr auf. Die Luft füllte sich von einer Sekunde zur nächsten mit Qualm und hauchfeinen Trümmern aus den Überresten der Korridorwände. Lestrade hustete würgend. Seine Augen begannen zu tränen. Trotzdem erkannte er wie durch einen Schleier Gestalten, die in einem seltsamen, staksigen Gang durch den Rauch schlichen. »Vorsicht, Sir!«, schrie einer der Marines, packte Lestrade grob am Kragen und schubste ihn unsanft in einen angrenzenden Korridor. Die Marines eröffneten sofort das Feuer. Die Nadelgewehre verschossen Hochgeschwindigkeitsprojektile in Form von Metallspitzen mit einer Länge von 5 Zentimetern. Die Geschosse waren in der Lage, so gut wie jede Panzerung, einschließlich der Außenskelette der Drizil, zu durch dringen und das weiche Gewebe darunter in Fetzen zu schießen. Bei je dem Schuss verursachten sie ein charakteristisch zischendes Geräusch. Lestrade vermochte von seinem Standort aus nicht zu sehen, ob die Marines etwas trafen, doch er hörte die schrillen Schmerzensschreie aus Drizilkehlen. Lestrade nickte grimmig. Der Krieg war vielleicht verloren, doch die Menschheit ging nicht kampflos unter. Die Marines zogen sich kämpfend in den Korridor zurück, in dem sich der Captain befand. Doch ei ner aus der Gruppe wurde an der Brust vom Impuls einer Drizilwaffe ge troffen und gegen die nächste Wand geschleudert. Drizilwaffen fraßen sich regelrecht durch Panzerung. Der Mann war tot, noch bevor er auf dem Boden aufschlug. Der Offizier, der die Marines anführte, schubste Lestrade weiter, wäh rend er sich immer wieder umsah. Aus dem Korridor drangen weitere Kampfgeräusche. Die Stationsbesatzung wehrte sich offenbar immer noch gegen die Eindringlinge. Stolz keimte in Lestrade auf. Diese Männer und Frauen wussten, dass der Kampf aussichtslos war und das Ergebnis feststand. Dennoch kämpften sie bis zum bitteren Ende. Ungefähr zwanzig Minuten später erreichten sie ohne weitere Zwi schenfälle schließlich die Andockrampe, an der die VENGEANCE festgemacht war. Die Tür öffnete sich zischend und schloss sich ebenso geräuschvoll hinter ihnen. Explosionen erschütterten nun die gesamte Basis in einer nicht enden wollenden Kakofonie. Die Andockrampe ragte in einem zwanzig Meter langen Rohr von der Basis weg und verband Militärbasis Luna drei mit dem angedockten Schlachtkreuzer. Die zwanzig Meter wirkten auf Lestrade wie ein ewig langer Marsch. Das Rohr bäumte sich mehrmals unter dem gewaltigen Druck naher Explosionen auf. Das Metall knirschte protestierend unter dem enormen Druck. Mit einem Stoßseufzer der Erleichterung erreichte Lestrade die zweifelhafte Sicherheit seines eigenen Schiffes. Erschöpft drehte er sich zum Anführer der Marines um. »Danke. Das war gute Arbeit.« Er schielte nach den Rangabzeichen auf der Brust des Kampfanzugs. »Major …« Der Verschlussmechanismus des Kampfanzugs öffnete sich zischend und der Marine nahm den Helm ab. Eine feuerrote Mähne und ein müdes, aber lächelndes Gesicht kamen zum Vorschein. »Ross«, erwiderte die Soldatin. »Major Melissa Ross.« uns nach Perseus.«Als Lestrade die Brücke des Schlachtkreuzers der Swordmaster-Klasse HMS VENGEANCE erreichte, waren die Startvorbereitungen bereits abge- schlossen und das Schiff entfernte sich langsam von der Luna-Militärbasis, während es Fahrt aufnahm. Sein XO erwartete ihn bereits. »Status?«, verlangte Lestrade, während er sich in seinen Sessel fallen ließ. »Luna ist eingenommen. Wir haben vor etwa vier Minuten den Funk kontakt zur Basis verloren. Die Drizil rücken gegen die Erde vor.« Mueller machte eine Pause und Lestrade bekam den deutlichen Eindruck, dass dem Mann irgendetwas unangenehm war. »Das Geschwader erwartet Ihre Befehle, Captain.« »Meine Befehle? Was ist mit Commodore Rodriguez?« »Gefallen«, lautete die knappe Antwort. »Die CROWN OF SOL?« Mueller schüttelte den Kopf. »Wurde auf dem Weg hierher zerstört. Der Schlachtkreuzer und seine Begleitschiffe gerieten einem feindlichen Schwarm in die Quere. Sie hatten keine Chance.« Lestrade ließ sich schwer in seinen Sessel fallen. Die Last der Verantwortung, die nun auf ihm ruhte, drohte ihn zu zerdrücken. Mit dem Tod von Rodriguez rückte er als dienstältester Captain des Geschwaders automatisch in die Position des Interims-Commodore auf. Durch das Brückenfenster hatte er einen einzigartigen Blick auf die Lunabasis. Etwa zwei Dutzend Enterschiffe der Drizil steckten in der metallenen Hülle. Durch einige Bullaugen sah er Flammen im Innern der Basis wüten. Luna war tatsächlich verloren, das stand außer Frage. Es kostete ihn sichtlich Mühe, doch Lestrade riss sich zusammen. Sei ne Leute brauchten ihn. Dringend. »Zeigen Sie mir die Aufstellungen der eigenen und der feindlichen Streitkräfte.« Ein Hologramm wuchs direkt vor ihm aus dem Boden. Es zeigte das gesamte Solsystem, wobei es eigene Einheiten und Einrichtungen in beruhigendem Grün, feindliche jedoch in bedrohlichem Rot darstellte. Die Sache sah nicht gut aus. Der Großteil der Drizilstreitkräfte konzentrierte sich auf die wichtige Marskolonie und die Erde selbst. Das Abwehrfeuer von der Oberfläche des Mars wurde beständig schwächer. Weder in der Umlaufbahn noch in der näheren Umgebung des Roten Planeten befanden sich noch terranisch-imperiale Schiffe. Zumindest keine kampffähigen. Das All war übersät mit unzähligen Trümmerteilen. Er schätzte, dass bei der Verteidi- gung des Mars mindestens vierzig menschliche Schiffe zerstört worden waren. Die Erde andererseits wurde noch hart umkämpft. Etwa siebzig terranische Schiffe hatten sich in die nähere Umgebung der Erde zurückgezogen und lieferten den Drizil einen erbitterten Abwehrkampf. Die Drizil bevorzugten für die Kriegsführung hauptsächlich leichte und schnelle Einheiten. Ihre Kampfweise sah überraschende Präzisionsschläge vor. Oftmals attackierten sie terranische Kommandoschiffe zuerst, sozusagen, um der Schlange den Kopf abzuschlagen. Das Rückgrat ihrer Raumstreitkräfte bestand aus Fregatten und Zerstörern sowie Trägern für die Jägerunterstützung. Ihr einziges Zugeständnis an schwere Kriegsschiffe stellten die Großkampfschiffe der Intruder-Klasse dar. Die Drizil benutzten sie aus diesem Grund häufig als Kommandoschiffe für ihre Schwärme. Das menschliche Imperium hingegen setzte auf schweres Gerät. Schlachtkreuzer der Swordmaster- und Behemoth-Klasse waren die schwersten von imperialen Werften gebauten Einheiten, doch es gab noch Angriffskreuzer, Begleitkreuzer und Träger. Zur Unterstützung verfügten terranische Flotten zudem über Korvetten, die dafür zuständig waren, die Peripherie einer Streitmacht gegen schnelle feindliche Einheiten abzu schirmen, und über Torpedoschnellboote, die in Gruppen operierten, ein Ziel torpedieren und durch ihre bloße Masse überwältigen konnten. Die terranischen Schiffe, die sich bis zum Orbit der Erde durchge kämpft hatten, gehörten allesamt schweren Schiffsklassen an. Die leich teren Schiffe waren bereits zerstört worden. Die Drizil würden für die Einnahme des Planeten einen hohen Preis bezahlen müssen, so viel war sicher. Doch auch der Ausgang dieser Schlacht stand im Grund bereits fest. Die Linie der Verteidiger wurde mit jeder Minute, die verging, dünner und es schlüpften bereits erste Landungsschiffe durch die Verteidigung. Darüber hinaus bekamen die Drizil laufend Verstärkung. Die Flut an Schiffen schien gar kein Ende mehr zu nehmen. Jede Faser in Lestrades Körper schrie danach, zur Erde zu fliegen und sich seinen Kameraden anzuschließen. Sie standen mit dem Rücken zur Wand und brauchten jedes Schiff. Nur das Wissen, das er eine dringendere Mission zu erfüllen hatte, hielt ihn zurück. Er warf einen kurzen Blick auf die Aufstellung seines eigenen Kommandos. Um die VENGEANCE hatten sich einundzwanzig Schiffe versammelt. Einundzwanzig von ursprünglich fünfunddreißig. Nach Commodore Rodriguez’ Tod und dem Verlust seines Schiffes, war die VENGEANCE der einzig verbliebene Schlachtkreuzer der Swordmaster-Klasse. Des Weiteren bestand die Einheit noch aus zwei Schlachtkreuzern der Behemoth-Klasse, fünf Angriffskreuzern der Ares-Klasse, fünf Begleitkreuzern der Guardian-Klasse, zwei Trägern der Fortress-Klas se und sechs Korvetten der Gunner-Klasse. Das war nicht viel, um die Li nien der Drizil zu durchbrechen. Nach vorsichtigen Schätzungen hielten sich derzeit zwischen 400 und 600 feindliche Schiffe im System auf. Die imperiale Schiffskonstruktion war ebenso funktionell wie einfach. Imperiale Schiffe bestanden aus drei dreieckigen Modulen, die leicht versetzt übereinander angeordnet waren. Auf der Spitze des untersten Mo duls befand sich die Kommandobrücke in einer durchsichtigen Kuppel. Während eines Gefechts ließ sich die Brücke mit Panzerlamellen absichern. Die Brückenbesatzung konnte jedoch weiterhin uneingeschränkt die Vorgänge rund um das Schiff über eine 360°-Hologrammsicht verfolgen. Hinter dem Kopf folgte der zylindrische Schiffskörper und am Heck die Antriebssektion mit den sechs halbmondförmigen Schubdüsen, die im Kreis angeordnet waren. Die Hauptbewaffnung imperialer Schiffe bestand aus mehreren Torpedorohren, die nicht nur in der Lage waren, nach vorn und nach achtern zu feuern, sondern in beschränktem Um fang auch zur Seite. Drizilschiffe sahen hingegen ganz anders aus. Sie wirkten wie gefährlich aussehende Vögel mit ausgebreiteten Schwingen, was zweifellos eine psychologische Wirkung erzielen sollte. Außerdem gab es eine Theorie unter Exo-Anthropologen, nach der die Drizil von Vögeln abstammten. Ihre Schiffskonstruktion schien dies zu untermauern. »Sir?«, meldete sich der weibliche Kommunikationsoffizier zu Wort. »Eine Übertragung.« »Herkunft?« Der Lieutenant hantierte einige Sekunden an ihrer Station, bevor sie sich mit großen Augen erneut zu ihrem Kommandanten umdrehte. »Von der Erde. Es ist Marschall Yaraton.« Ein Blitz durchzuckte Lestrade und für einige wichtige Momente war er nicht in der Lage, sich zu regen oder auch nur ein Wort zu sagen. Yaraton war der Oberbefehlshaber der imperialen Streitkräfte und er wich nie weit von der Seite des Kaisers. »Verbindung aufbauen!« Ohne nennenswerte Verzögerung baute sich ein Hologramm vor Lestrades Kommandosessel auf. Das durchscheinende Abbild eines Mannes in den Sechzigern mit schütterem Haar, Geheimratsecken und ernsten Augen erschien. »Marschall?« »Captain«, begrüßte der Mann Lestrade und nickte ihm knapp zu. »Ihr Status?« »Mission abgeschlossen, Marschall. Ich habe es. Wir starten gerade von der Lunabasis.« »Ausgezeichnet. Ich schicke Ihnen einige taktische Daten über die Aufstellung der Drizilschiffe. Möglicherweise haben wir eine Schwach stelle in ihrer Formation entdeckt, durch die Sie schlüpfen können.« »Vielen Dank, Marschall.« Lestrade zögerte. »Wo sind Sie gerade?« Der Mann lächelte wehmütig. »Noch auf der Erde. Genau wie Seine Majestät.« »Aber …« »Ich weiß. Wir sollten längst fort sein, doch es ist nicht alles nach Plan verlaufen. Wir haben zu lange gewartet. Unser Fluchtweg ist abge schnitten. Die Drizil schießen jedes Schiff ab, das die Blockade zu durch brechen versucht.« »Halten Sie durch. Wir kommen und holen Sie.« Lestrade wollte gerade den Befehl geben, als Yaratons erhobene Hand ihn zurückhielt. »Keine Chance, Lestrade. Vergessen Sie es. Keines Ihrer Schiffe würde einen Rettungsversuch überleben. Ihre Aufgabe ist wichtiger als unsere Flucht. Und das wissen Sie auch.« Lestrade zögerte erneut. Schließlich nickte er ergeben. »Ja, Sir.« »Wie ich höre, ist Commodore Rodriguez gefallen?!« Das Hologramm flackerte leicht und Lestrade glaubte, im Hinter grund Explosionen und Schüsse zu hören. Die Hauptstadt stand bereits unter massivem Beschuss. »Ja, Sir.« Ein Lächeln zog die Mundwinkel des Marschalls leicht nach oben. »Dann spreche ich hiermit eine Schlachtfeldbeförderung aus und erhebe Sie in den Rang eines Commodore. Leider müssen wir die Zeremonie und das Prozedere angesichts der Umstände auslassen, aber Sie verstehen das sicher.« Lestrade schluckte schwer. Erst beim dritten Versuch gelang es ihm, seine staubtrockene Kehle unter Kontrolle zu bringen und ein einzelnes Wort herauszubringen. »Verstanden …« Marschall Yaraton nickte Lestrade ein letztes Mal zu. »Viel Glück … Commodore.« Ohne auf eine Antwort zu warten, fiel das Hologramm in sich zusammen und verschwand. Lestrade saß wie betäubt auf seinem Sessel, sich der Blicke seiner Brückenbesatzung kaum bewusst. Commodore. Er hatte immer gehofft, es eines Tages in den Rang eines Commodore oder vielleicht sogar eines Lord Admirals zu schaffen. Doch nicht so. Nicht, während die Zivilisation der Menschheit in sich zusammenfiel. Und auf seinen Schultern laste te die Verantwortung, wenigstens einen Teil dieser Zivilisation zu retten. »Sir?«, sprach sein XO ihn an. »Ihre Befehle?« »Haben Marschall Yaratons Daten uns erreicht?« »Jawohl«, bestätigte Mueller. »Einspeisen.« Kurz darauf starrte Lestrade auf eine Sternkarte des Solsystems. Die Daten von der Erde waren in der Tat hilfreich, verfügte der Blaue Planet doch über weitreichendere und vor allem sensiblere Sensoren als jedes seiner Schiffe. »Sehen Sie das?«, fragte er seinen XO, der neugierig näher trat und die Stelle betrachtete, auf die Lestrade deutete. »Ja, allerdings. Die Drizil kümmern sich im Wesentlichen um Mars und Erde. Dazwischen befinden sich so gut wie keine feindlichen Einheiten. Sie konzentrieren sich darauf, die letzten Widerstandsnester zu brechen. In Richtung Sonne sind kaum Schiffe von ihnen. Wenn wir jetzt ausbrechen und in Richtung Sonne beschleunigen …« »Gelingt es uns vielleicht, durchzubrechen, bevor sie reagieren können«, vollendete Lestrade den Satz. »Alle Schiffe Gefechtsformation einnehmen. Kurs auf die Sonne nehmen.« »Aye-aye, Sir.« »Wie viel Drizilschiffe befinden sich auf unserer unmittelbaren Flugbahn?« »Achtzehn, Sir.« Lestrade überlegte fieberhaft. Das war zwar kein schlechtes Verhältnis, doch schlechter, als er es sich gewünscht hätte. Dieses Gefecht würde nicht ohne Blessuren für sein Geschwader ausgehen. Da führte kein Weg dran vorbei. Falls die Drizil seine Taktik durchschauten und es ihnen gelang, weitere Schiffe zur Verstärkung heranzuführen, bevor ihm der Durchbruch gelang, würde es noch weit schlimmer werden, vielleicht so gar unmöglich. Doch derlei Gedanken behielt er wohlweislich für sich. Ein Kommandant musste selbst in schwierigen oder ausweglosen Situationen einen kühlen Kopf bewahren und Optimismus ausstrahlen. Optimismus war das A und O. Die einundzwanzig Schiffe beschleunigten gleichmäßig auf Reisegeschwindigkeit Richtung Sonne, während um sie herum das Solsystem in Chaos und Blut versank. Für einen Augenblick überlegte Lestrade, den Kurs zu ändern und die Schiffe anzugreifen, die die Erde belagerten. Nur die Dringlichkeit seiner Mission und die Tatsache, dass sonst niemand mehr hier war, der diese Mission hätte ausführen können, hinderten ihn daran. »Feindliche Schiffe auf unserer Flugbahn«, meldete Mueller. »Direkter Kurs auf uns.« »Effektive Gefechtsdistanz?« »In zweiunddreißig Minuten. Feindliche Schiffe halten direkt auf uns zu. Außerdem sind feindliche Einheiten aus der Mars-Umlaufbahn ausge schwenkt und verfolgen uns.« »Können Sie uns einholen?« »Möglicherweise. Falls uns die Schiffe voraus zu lange aufhalten.« »Dann wollen wir mal den Weg freiräumen«, meinte Lestrade mehr zu sich selbst und fletschte kampflustig die Zähne. Wenigstens würde er sich nicht davonstehlen, ohne vorher noch einige Drizil ins Jenseits zu schicken. »Energiewaffen laden und Fernkampfbewaffnung in Bereitschaft.« »Aye-aye, Cap… Commodore.« Lestrade hörte Muellers Fauxpas, entschloss sich jedoch dazu, diesen zu ignorieren. Alle Beteiligten würden Zeit brauchen, sich an seinen neu en Rang zu gewöhnen. Er selbst bildete da keine Ausnahme. Die Minuten vergingen quälend langsam, während die zwei Verbände aufeinander zuschossen. Auf dem taktischen Hologramm bemerkte er, wie die Drizilschiffe aus Richtung Mars an ihrem Heck klebten und sich abmühten, die kleine Gruppe fliehender menschlicher Schiffe einzuholen. Lestrade warf der Anzeige an der oberen rechten Ecke einen kurzen Blick zu. Die Uhr lief rückwärts und zeigte die Zeit an, die das Geschwader benötigte, um die zum Sprung in den Hyperraum notwendige Min destgeschwindigkeit zu erreichen. Es würde knapp werden. Verdammt knapp sogar. Falls sie die Schiffe voraus schnell genug abfertigten, konnten sie es jedoch schaffen. Mit viel – mit sehr viel – Glück. »Noch zwölf Minuten, Sir.« »Jäger ausschleusen!« Die beiden Träger der Fortress-Klasse setzten in kurzen Intervallen ihre Jäger ab. Jedes der beiden Schiffe führte acht Staffeln zu je sechs Jägern mit sich. Die kleinen Vanguard-Jäger – schnittige Aufklärer mit Stummelflügeln und Doppeltriebwerk – übernahmen die Spitze der Formation, dicht gefolgt von den schwereren Shadow-Abfangjägern und den klobigen und schwerfälligen Mammoth-Jagdbombern. Lestrade hätte sich im Augenblick nichts sehnlicher gewünscht, als eine Anzahl Torpedoschnellboote auf seiner Seite zu wissen. Die winzigen, aber tödlichen Schiffe hätten eine schöne Schneise in die feindliche Formation gerissen. Leider waren alle Boote im Solsystem bereits zerstört oder in schwere Kämpfe verwickelt. Den terranischen Jägern standen schwere Driziljäger vom Typ Blutstachel und Abfangjäger vom Typ Flüsterwind gegenüber. Die Namen der Drizil für diese Maschinen waren nicht für menschliche Zungen geeignet, doch die Übersetzung kam an diese beiden Bezeichnungen am ehes ten heran. Lestrade bemerkte sofort das Ungleichgewicht. Nicht nur, dass die Drizil vier Trägerschiffe gegen seine zwei ins Gefecht führten, die Drizil träger waren überdies in der Lage, zwölf Staffeln zu je acht Jägern mit sich zu führen. Die beiden Jagdverbände formierten sich jeweils oberhalb ihrer Groß kampfschiffe, um dem zu erwartenden Fernkampfbeschuss nicht in die Quere zu kommen. »Effektive Gefechtsdistanz erreicht.« »FEUER!« Das Geschwader spie eine Salve Torpedos auf den nahenden Gegner. Die Drizil eröffneten beinahe zeitgleich das Feuer. Während menschliche Schiffe Torpedoprojektile feuerten, verschossen die Drizilschiffe nicht nur eine Art Torpedos, die aus purer Energie bestanden, sondern zusätzlich etwas ungleich Tödlicheres. Ihr Feind feuerte im Fernkampf nämlich Projektile ab, die mit einer geleeartigen Masse gefüllt waren. Es handelte sich um eine Art genmanipulierter Amöben, die von den Schiffsbesatzungen nur die Grüne Pest genannt wurde. Einmal infiziert, musste ein Schiff in neunzig Prozent der Fälle als verloren angesehen werden. Die Projektile waren in der Lage, Panzerung zu durchbrechen, und entließen die Grüne Pest ins Innere des Zielschiffes. Dann begann das Grauen. Die Amöben fraßen sich durch alles, egal ob anorganisch oder organisch. Im Laufe der Zeit hatte es viele Ansätze gegeben, dieser Bedrohung Herr zu werden, um Schiff und Besatzung zu retten. Ein Lösungsvor schlag lautete, die betreffende Sektion abzuschotten und dem Vakuum auszusetzen, ein anderer schlug den Einsatz von Marines mit Flammenwerfern vor. All dies waren zwar gangbare Möglichkeiten, doch oft konnten diese nicht schnell genug umgesetzt werden, um ein Schiff zu retten, und es blieb nur noch der Einsatz der Rettungskapseln. Lestrade dankte Gott auf Knien dafür, dass die Drizil die Grüne Pest nicht gegen Planeten, sondern nur gegen andere Kriegsschiffe einsetzten. Die Pest machte nämlich keinen Unterschied zwischen Menschen und Drizil. Ein infizierter Planet könnte nie wieder betreten, geschweige denn kolonisiert werden. Und da die Drizil hinter menschlichen Welten, deren Lebensraum und Rohstoffen her waren, gingen die Kriegsgegner der Menschheit mit ihrer biologischen Waffe sehr sorgfältig um. Sie achteten peinlich genau darauf, diese Waffe nicht in unmittelbarer Nähe eines bewohnbaren Planeten einzusetzen, um das Risiko zu vermeiden, einen in takten Planeten durch Fehlschüsse zu kontaminieren. Beide Seiten achteten weiterhin darauf, dass ihre Lenkwaffen nicht unkontrolliert durchs All flogen, sofern sie kein feindliches Schiff trafen. Im Falle des Imperiums limitierte der Brennstoff die Reichweite der Torpedos. Ging der Brennstoff zur Neige, zerstörten sie sich nach fünf Sekunden selbst. Die Energietorpedos der Drizil lösten sich nach einer Wei le selbständig auf. Keiner der Kriegsparteien war daran gelegen, dass nach einer Schlacht Hunderte von potenziellen Zeitbomben durch ein System trieben. Die Durchschlagskraft der Energietorpedos der Drizil war enorm, auch wenn sie auf dem Weg zwischen Herkunftsschiff und Ziel viel von ihrer Energie einbüßten und diese in die Kälte des Alls abstrahlten, doch nichts im Arsenal des Feindes war so gefürchtet wie die Grüne Pest. »Achtung! Einschlag!« Die VENGEANCE bäumte sich mit einer Plötzlichkeit auf, die Lestrade die Luft aus den Lungen presste. Nur sein Sicherheitsgurt verhinderte, dass er über seine eigene Brücke geschleudert wurde. Mit einem Auge beobachtete er das taktische Display. Neun feindliche Großkampfschiffe verschwanden mit einem Mal vom Plot. Drei Zerstörer, ein Träger, vier Fregatten und sogar ein Drizil-Flaggschiff der In truder-Klasse – oder wie die Drizil sie nannten, der Ek’naj’mek-Klasse, der größte Kriegsschiffstyp im Arsenal des Feindes. Das Schiff war um dreißig Prozent größer als ein Schlachtkreuzer der Swordmaster-Klasse, der das größte Schiff auf terranischer Seite war. Eine weitere Energietorpedosalve der Drizil hämmerte brutal auf sein Geschwader ein und schüttelte sein Schiff durch. Es wurde zur Tortur, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. »Schadensbericht!« Sein XO eilte umgehend an seine Seite. »Bugpanzerung ist um zwan zig Prozent reduziert. Kein interner Schaden. Noch sind die Drizilwaffen nicht durchgedrungen.« »Der Rest des Geschwaders?«, fragte Lestrade, obwohl er bereits wuss te, dass ihm die Antwort nicht gefallen würde. Mueller zögerte einen Moment. Er fuhr erst fort, als Lestrade ihm einen scharfen Blick zuwarf. »Zwei Korvetten zerstört. Totalverlust. Einer der Begleitkreuzer ist schwer angeschlagen. Lebenserhaltung und künstlicher Schwerkraft sind nur minimal verfügbar. Torpedobewaffnung um fast sechzig Prozent reduziert.« Lestrade knirschte mit den Zähnen. Das kurze Gefecht war sogar noch schlimmer ausgegangen, als er befürchtet hatte. Doch ihm blieb keine Zeit, mit seinem Schicksal zu hadern, denn die überlebenden Dri zilschiffe schlossen schnell auf. Ein Nahkampf war unvermeidlich. Er fragte sich, warum die Drizil nicht die Grüne Pest einsetzten, doch er vermutete, dass diese Schiffe wohl ihren Vorrat an dieser Waffe aufge braucht hatten. Immerhin kämpften sie schon den ganzen Tag und die sen Einheiten waren mit Sicherheit bereits viele terranische Schiffe zum Opfer gefallen. Die Jäger beider Seiten gaben Vollschub und beharkten sich auf kür zeste Distanz. In der Schwärze des Alls blühten rote und grüne Explosio nen auf, als Maschinen hüben wie drüben wie überreifes Obst zerplatzten. Die schweren Mammoth-Jäger mit den Zwillingsgeschütztürmen auf dem Dach und der lang gezogenen Schnauze, in der sich die Zielerfassungssensoren befanden, führten den Vorstoß an. Die Kontrahenten schenkten sich nichts und Gnade wurde zu einem Wort ohne Bedeutung. Der Gegner war zwar zahlenmäßig überlegen, doch das terranisch-imperiale Pilotenprogramm galt als das beste überhaupt und die menschlichen Piloten manövrierten den Gegner immer wieder aus. Eine beliebte Taktik war es, in Dreiergruppen zu agieren. Ein Jäger spielte den Köder, bot sich als Ziel an, und wenn Driziljäger die Verfolgung aufnahmen, schnappte die Falle zu und zwei andere terranische Jäger erledigten die Verfolger. Leider war es oftmals auch der Köder, der dabei auf der Strecke blieb. Die Drizil jedoch zahlten einen hohen Zoll an Leben und Material. Die Kampfschiffe der Drizil kamen drohend näher und passierten ihre menschlichen Widersacher auf kürzeste Distanz. »Volle Breitseite!«, befahl Lestrade und die Schiffe seines Geschwaders eröffneten das Feuer auf den verhassten Feind. Die Laserbatterien der Breitseite schnitten tiefe Breschen in die Flanken der feindlichen Kriegsschiffe. Panzerung wurde auseinandergeschnitten und schmolz in dicken Tropfen dahin, die im All nahezu umgehend zu seltsam anmutenden Formen erstarrten. Punktverteidigungslaser bemühten sich währenddessen, die Jäger der Drizil und die Geschosse der feindlichen Kriegsschiffe ins Visier zu nehmen. Sie gaben immer wieder kurze Lichtimpulse ab, die alles zerfetzten, mit dem sie in Berührung kamen. Auf kurze Distanz verwendeten die Drizil Geschütze, die Explosivprojektile verschossen, die im Falle eines Treffers in der Lage waren, die Panzerung aufzureißen. Lestrade rannen dicke Schweißperlen über die Stirn. Mit einer ungeduldigen Geste wischte er sie beiseite. Eine weitere Korvette geriet ins Kreuzfeuer zweier feindlicher Fregatten und innerhalb weniger Sekunden überzog das gegnerische Feuer die Oberfläche des kleinen, unglückseligen Schiffes mit einem Teppich aus Feuer. Die Panzerung hielt derartige Kräfte nicht lange aus und das Schiff brach der Länge nach auf. Männer und Frauen wurden zappelnd ins All gerissen, als es in Stücke gerissen wurde. Der bereits angeschlagene Begleitkreuzer NORWEGEN lieferte sich ein Duell mit gleich zwei feindlichen Zerstörern und einem Flaggschiff der Intruder-Klasse. Trotz seiner enormen Gefechtsschäden schlug sich die NORWEGEN fabelhaft. Der Skipper des Begleitkreuzers bewies ein intuitives Geschick dafür, das Schiff immer wieder durch das gegnerische Feuer gleiten zu lassen und dem Gegner dabei unbeschädigte Panzerung zuzuwenden, an der der Beschuss nahezu wirkungslos verpuffte. Im Gegenzug schoss die NORWEGEN einen der Zerstörer in Stücke und den zweiten manövrierunfähig. Das hilflose Schiff trudelte steuerlos davon. Die Mannschaft konnte nur noch hoffen, dass irgendwann je mand die Zeit fand, sie zu bergen. Der Intruder erwies sich jedoch als härtere Nuss. Das Drizilschiff war fast viermal so groß wie der Begleitkreuzer und um ein Vielfaches besser bewaffnet. Die beiden Schiffe tauschten auf kürzeste Distanz Salven aus und füg ten sich gegenseitig schwere Schäden zu. Der Intruder verlor mehrere Ge schützrohre an Bug und Steuerbord, der Begleitkreuzer durch die Ant wort des Drizilschiffes im Gegenzug fast seine gesamte Backbordbewaff nung. Die NORWEGEN begann zu schlingern, was auf eine Beschädigung des Reaktors und/oder des Antriebs hindeutete. Eine Jagdstaffel und ein Angriffskreuzer der Ares-Klasse eilten herbei, um dem Schiff zu Hilfe zu kommen. Der kampfstarke Kreuzer verheerte die Panzerung oberhalb des Drizilschiffes, während die Mammoth-Jäger Präzisionsangriffe flogen, um Waffenstellungen, Kommunikationsanlagen und vitale Systeme zu zerstören. Das Abwehrfeuer des Intruder wischte zwei Mammoth-Jäger wie Flie gen beiseite und ließ den Ares-Angriffskreuzer erzittern wie ein verwun detes Tier. Die NORWEGEN hatte indes nahezu ihr komplettes Waffenarsenal ein gebüßt und dachte nur noch an Flucht. Die Drizil waren jedoch nicht bereit, ihr diese Option zu gestatten. Salve um Salve schlug auf den Be gleitkreuzer ein, zertrümmerte Panzerung und drang ins Innere des Schiffes vor. Eine Reihe von Sekundärexplosionen riss die Panzerung an mehreren Stellen von innen auf. Flammen leckten ins Freie, nur um vom Vakuum erstickt zu werden. Die NORWEGEN wurde von innen heraus verzehrt. Lestrade bezweifelte, dass von der Besatzung überhaupt noch jemand am Leben war. Wut überkam ihn und füllte jede Faser seines Körpers mit Hass. Und wieder hatten die Drizil gute Menschen ermordet. Menschen, die ihr Schicksal nicht verdienten. Natürlich lag das in der Natur des Krieges, doch dies interessierte Lestrade in diesem Moment nicht. »Beidrehen!«, befahl er. Die VENGEANCE schwenkte gehorsam in einem Dreißiggradwinkel herum, um das feindliche Großkampfschiff ins Visier zu nehmen. Dieses war vollauf damit beschäftigt, den Ares-Kreuzer zu bedrängen, dessen Lage inzwischen ebenfalls immer verzweifelter wurde. »Feuer!« Wie ein Vorbote der Hölle ließ die VENGEANCE ihr gesamtes Waffenarsenal auf den völlig überraschten Intruder nieder. Mit der ersten Salve schaltete die VENGEANCE den Antrieb des Großkampfschiffes aus. Die zweite Salve zerriss die durch den Kampf mit der NORWEGEN ohnehin schon geschwächte Steuerbordpanzerung wie Papier. Die Lasersalven drangen tief ins Innenleben des Intruder vor und verdampften auf ihrem Weg Geräte, Ausrüstung und Besatzungsmitglieder gleichermaßen. Mithilfe seiner Manövrierdüsen schwenkte der Intruder schwerfällig herum, um sich diesem neuen überragenden Gegner zu stellen, doch Lestrade ließ ihm dazu keine Gelegenheit. Er setzte eine weitere Salve nach, die von einer heftigen Explosion am Heck belohnt wurde. Das Schiff stellte sein Feuer von einer Sekunde zur nächsten ein – nur Augenblicke bevor es von einer gewaltigen Detonation auseinandergerissen wurde. Lestrade ließ sich schwer in seinen Sessel sinken. Er atmete ein paarmal gut durch, bevor er sich erneut dem taktischen Plot zuwandte. Es be fanden sich keine feindlichen Schiffe mehr auf ihrer Flugbahn. Die meisten Drizileinheiten in ihrer unmittelbaren Umgebung waren zerstört und die wenigen Überlebenden flüchteten unter den Feuerschutz der verfolgenden Drizilschiffe. Die Verfolger holten immer mehr auf, doch sie würden zu spät kommen. »XO? Kurs auf die Sonne. Sobald wir die Korona hinter uns gelassen und eine angemessene Geschwindigkeit aufgebaut haben, springen wir in den Hyperraum.« »Aye, Sir.« Lestrade musterte sein taktisches Display und zählte die verbliebenen Einheiten unter seinem Kommando. Außer der NORWEGEN und der drit ten Korvette hatten sie noch einen Angriffskreuzer der Ares-Klasse und einen weiteren Begleitkreuzer der Guardian-Klasse verloren, außerdem einen Träger. Die überlebenden Jäger setzten zur Landung auf dem verbliebenen Träger an. Es waren nicht einmal genug, um die Hangars des einen Trägers aufzufüllen, den sie noch hatten. Sie waren entkommen, keine Frage. Doch der Preis hierfür war ungeheuer hoch. »Welche Sprungkoordinaten soll ich eingeben, Commodore?« Lestrade dachte einen Augenblick angestrengt nach. Die Frage war eigentlich keine. Im Moment gab es nur einen sicheren Ort in der Galaxis. »Nach Perseus, Eugene. Bringen Sie uns nach Perseus.«
von Stefan Burban 6. April 2025
Dreadnought der Romulus-Klasse TRS Marathon, unter dem Kommando von Konteradmiral Christopher Valentine. Teil des Sonderkampfverbands zur Eskorte von Präsident Steven Donelly.
von Stefan Burban 5. April 2025
Ich will noch nicht zu viel verraten, aber der 12. Band des Gefallenen Imperiums dreht sich ausschließlich um die Spartaner. Und bei Band 13 + 14 hab ich mir die Midway-Schlacht zum geschichtlichen Vorbild genommen. Und Band 15 wird eine GROßE Überraschung. 😀Ihr dürft euch schon auf einiges freuen. 😀
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