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Leseprobe "Der Ruul-Konflikt 1: Düstere Vorzeichen"

Stefan Burban • Dez. 12, 2022
Hier eine kurze Textstelle aus dem Roman "Der Ruul-Konflikt 1: Düstere Vorzeichen":



Minokis Stingray dockte planmäßig an die Außenhülle der Station an. Obwohl es im All eigentlich kein oben oder unten gab, hatte sie das Gefühl,  ihr Magen würde sich umdrehen, als der Pilot des Transporters das kleine Schiff wendete, um an die Station anzudocken. Denn im Verhältnis zur Position der Lydia standen die Marines gerade im Neunzig -Grad -Winkel  an der Wand. Und es war schwer,  diesen Gedanken zu verdrängen, wenn er sich erst mal fest gesetzt hatte. Ein einziger Blick aus einem der Bullaugen und sie wurden sofort daran erinnert.

Sie konzentrierte sich auf die Männer in der Mitte des Stingray. Die Magnetgreifer des Landungsfahrzeugs hatten sich fest in das Metall der Station verkeilt und würden sich erst wieder lösen, wenn der Pilot das wollte. Die Schleuse wurde ausgefahren und saugte sich ebenfalls fest.

Zwölf Marines in schweren Null-G-Kampfanzügen versammelten sich um die Öffnung. Einer von ihnen stieg mit einem kleinen, aber wirkungsvollen Miniaturschneidbrenner in das schwarze Loch und die Luke wurde über ihm verriegelt. Was nun folgte,  konnte Minoki nicht sehen, wohl aber hören. Außerdem hatte sie das während ihrer Ausbildung selbst so oft tun müssen, dass sie vor ihrem inneren Augen förmlich sehen konnte, was geschah. Der Marine schweißte eine kreisrunde Öffnung in das Metall der Station, die im Durchmesser der Luftschleuse entsprach.

Sobald wie möglich trat der Marine mit seinen schweren Stiefeln gegen das Metall, das durch den Schneidbrenner bereits porös und nachgiebig geworden war. Minoki konnte die dumpfen Schläge deutlich hören. Das Metall gab nach und der Marine betrat als Erster die Station.

Er würde die Lage sondieren, den Sauerstoffgehalt der Sektion, sowie den Druck feststellen, der hier herrschte,  feststellen  und wenn alles in Ordnung war, gab er grünes Licht und der Rest der Kompanie konnte folgen.

»Captain«, hörte sie bereits kurze Zeit später die Stimme des Marines  in ihrem HelmCom.

»Ich bin hier, Corporal«, gab sie unnötigerweise zurück. »Die Lage?«

»Sauerstoff und Druck in Ordnung. Keine Feinde in Sicht. Die Lage ist unter Kontrolle.«

»Verstanden.«

Sie suchte Fuentes` Blick und sagte: »Ihre Show, Gunny.«

Er nickte ernst. »Ihr habt die Lady gehört. Rein in die Schleuse und auf der anderen Seite einen Brückenkopf sichern. Niemand redet und ich will keine unnötigen Geräusche hören. Los! Los! Los!«

Nacheinander sprangen die Marines durch die Schleuse. Die elf verbliebenen Soldaten in den Null-G-Kampfanzügen zuerst. Die in den Anzügen integrierten schweren Waffen würden für jeden Gegner, der versuchte,  ihnen eine Falle zu stellen, eine herbe Überraschung darstellen. Danach die restlichen Marines. Auf der anderen Seite der Schleuse sammelten sie sich wieder. Zurück blieben nur die beiden Piloten des Stingray.

Als Minoki durch die Schleuse rutschte, hatte sie das Gefühl ewig zu fallen, obwohl die Rutschpartie gerade mal ein paar Sekunden dauerte. Als sie auf der anderen Seite ankam, hatte Fuentes bereits einen halbkreisförmigen Bereich um den Eintrittspunkt gesichert.

Die meisten Marines bildeten einen äußeren Verteidigungsring, während die Soldaten in den Null-G-Kampfanzügen einen inneren Verteidigungsperimeter bildeten. Alle hielten die Waffen schussbereit, aber von Feinden war keine Spur. Genauer gesagt, sahen sie fast überhaupt nichts.

»Verdammter Mist«, murrte Fuentes griesgrämig. »Die Stromversorgung muss was abbekommen haben.«

Minoki nickte lediglich und versuchte, einen Schauder zu unterdrücken, der ihr über den Rücken lief. Einige wenige Deckenleuchten, die funktionierten, flackerten in unregelmäßigen Abständen, was der Situation ein bedrohliches, fast schon unheimliches Ambiente verlieh.

»Lampen an«, befahl Fuentes und die Soldaten schalteten die kleinen Taschenlampen ein, die an der Unterseite der Gewehrläufe montiert waren. Die kleinen Lichtquellen halfen aber nicht besonders. Die Dunkelheit ließ sich nur mühsam vertreiben.

»Charlie-Kompanie an Lydia.«

Es dauerte keine Sekunde und Wetherbys ruhige, disziplinierte Stimme drang dumpf aus ihrem Helm: »Bericht, Captain!«

»Haben die Station planmäßig und an vorgegebener Position geentert. Kein Feindkontakt. Rücken planmäßig auf Zielgebiet vor.«

»Verstanden. Die anderen Kompanien haben ihre Ziele ebenfalls wie vorgesehen erreicht. Geben Sie alle zehn Minuten einen Statusbericht ab. Wetherby Ende.«

»Verstanden, Colonel. Tagawa Ende.«

»Gunny«, wandte sie sich an Fuentes. »Die Null-G-Truppen bewachen die Eintrittszone. Der Rest formiert sich zur Doppelreihe und rückt auf die Kommandozentrale vor.«

»Verstanden, Sir«, bestätigte Fuentes. »Also gut, Leute. Der Befehl war deutlich. Bewegt euch. Doppelreihe formieren. Ramirez, Sie und zehn Mann bilden die Nachhut. Ein wenig mehr Begeisterung, wenn ich bitten darf. Wir werden schließlich nicht nach Stunden bezahlt.«

Unter Fuentes` fachmännischem Gebrüll war die Kompanie bald abmarschbereit. Der Gunny und Tagawa gingen an der Spitze. Noch nichts deutete auf den Gegner hin, der die Station angegriffen hatte. Es gab noch nicht einmal Anzeichen, dass noch jemand an Bord war, aber trotzdem ließ sich eine gewisse Anspannung unter den Marines nicht verleugnen.

Die Männer und Frauen blieben dicht beieinander, als suchten sie gegenseitigen Schutz. Die Waffen wurden griffbereit gehalten, und sobald ein unerwartetes Geräusch die Dunkelheit durchschnitt, wurden die Läufe hektisch in die ungefähre Richtung geschwungen, nur um festzustellen, dass dort nichts Bedrohliches lauerte.

Minoki war kein ängstliches Persönchen und schon gar keine Mimose. In diesem Fall wäre ihre Berufswahl die denkbar schlechteste gewesen. Aber im Moment fand sie die bullige und muskulöse Gegenwart ihres Gunny sehr tröstlich.

Sie rückten weiter ins Innere der Station vor. Die Marines verzichteten auf jedes unnötige Geräusch und lauschten angestrengt in die Finsternis. Unter solchen Bedingungen hörte man einen Gegner eher, als dass man ihn sah. Sie erreichten eine geschlossene Drucktür.

Fuentes betätigte den Türöffner. Der gab nur einen kurzen protestierenden Piepton von sich und schlug einige Funken. Fuentes versuchte es erneut. Diesmal geschah gar nichts. Der Türöffner war tot.

»Von der anderen Seite blockiert, würde ich meinen«, mutmaßte er zu niemand Bestimmten.

»Mit Absicht?«, fragte Minoki verwirrt.

»Ich schätze, man wollte nicht, dass etwas durch diese Tür geht«, antwortete der Unteroffizier und rieb sich nachdenklich das Kinn.

»Hat denen ja unheimlich viel genutzt«, sagte einer der Marines leise. Ein kurzer Blick von Fuentes brachte den Mann aber umgehend zum Schweigen.

Minoki betrachtete die Tür genauer. Sie wies keinerlei Kampfspuren auf. Keine geschwärzten Stellen, keine Verformungen, nichts, das darauf hindeutete, dass die Enterer versucht hatten,  durch dieses Schott zu brechen.

Aber der Marine hatte recht. Es hatte der Besatzung unter Umständen lediglich Zeit verschafft. Vielleicht nicht einmal das. Die Station war trotzdem eingenommen worden. Wer immer hier gewütet hatte, der hatte dieses Schott irgendwie überwunden.

»Aufbrechen«, befahl sie.

Einer der Marines trat vor und brachte mehrere Sprengladungen an der Tür an. Die Kompanie zog sich wieder etwas in den Gang zurück, während der Mann seine Arbeit verrichtete.

Die Ladungen waren so ausgelegt, dass sie ihre zerstörerische Wirkung nur in eine Richtung entfalteten. Daher waren die Marines relativ sicher. Aber relativ war zu wenig, wenn es um den Umgang mit Sprengstoff ging.

Der Soldat beendete seine Arbeit und stieß wieder zu ihnen. Einen kleinen Auslöser in der Hand.

»Alle Mann in Deckung«, schrie er und drückte auf den Knopf. Ein ohrenbetäubender Knall zerriss die Stille. Die Richtladungen zerschmetterten die beiden Flügel des Druckschotts und verteilten die Überreste wie Konfetti im Gang dahinter. Rauch füllte den Korridor und vernebelte die Sicht.

Minoki wartete, bis sich der Qualm etwas gelegt hatte. Einige aus ihrer Kompanie mussten husten. Ihr selbst brannte der Qualm in den Augen. Sie wünschte sich, sie hätte wenigstens einen oder zwei der Marines in den Null-G-Kampfanzügen mitgenommen.

Im abgeschotteten Lebenserhaltungssystems der Anzüge konnten keine Fremdstoffe eindringen und die Soldaten im Inneren waren vor derlei Auswirkungen geschützt. Außerdem hatten die Anzüge die Möglichkeit auf infrarote Sicht umzuschalten, wodurch sie Gegner unter diesen Bedingungen früher hätten ausmachen können.

Minoki schob den Gedanken wieder beiseite. Es war unnötig, sich über Dinge Gedanken zu machen, die man nicht ändern konnte. Sie hakte die Idee unter Erfahrung ab und machte eine geistige Notiz, um es beim nächsten Mal besser zu machen.

Sie gab Fuentes ein kurzes Handzeichen und der Gunny winkte einen Trupp Marines nach vorn. Die Soldaten rückten bis zum zerschmetterten Druckschott vor und blieben dort wie angewurzelt stehen. Ihre Schultern sackten herab. Einige ließen sogar die Waffen sinken. In einer Kampfzone eine regelrechte Todsünde. Diese Soldaten waren Profis. Veteranen. Sie machten für gewöhnlich keine Fehler. Einen Fehler zu begehen, forderte den Tod geradezu heraus. Etwas musste sie zutiefst erschreckt haben.

Minoki und der Rest der Charlie-Kompanie schlossen zu ihrer Vorhut auf. Als sie die Männer erreicht hatten, öffnete Fuentes den Mund, um die Marines zurechtzustauchen, aber als er über ihre Schultern sah und erkannte, was sie entdeckt hatten, blieb ihm das Wort im Hals stecken.

Sein Gesicht lief weiß an und er schloss den Mund mit einem hörbaren Klacken wieder. Minoki konnte es ihm nicht verdenken. Sie selbst fand auch keine Worte bei dem Anblick, der sich ihnen bot.

Der ganze Korridor war übersät mit Leichen. Es waren alles Menschen. Sie gehörten offenbar der Stationsbesatzung an. Sie trugen die unterschiedlichsten Uniformen. Es waren Techniker, Piloten, Deckcrews, Marines und noch Mitglieder aus einem Dutzend anderer Abteilungen und Waffengattungen, die hier stationiert gewesen waren.

Was Minoki und die anderen aber mehr schockierte als die schiere Anzahl der Leichen, war die Art und Weise, wie sie den Gang füllten. Viele waren verdreht und verrenkt, als hätte die riesige Hand eines Kindes sie wie Spielzeuge zerbrochen. Ihre Gesichter waren vor Schmerz und Grauen noch im Tod verzerrt.

Die meisten von ihnen waren bewaffnet. Zwischen den Leichen lagen haufenweise leere Munitionshülsen oder die leer geschossenen Zellen von Energiewaffen. Wände und Decke des Korridors waren mit Blut bespritzt. Einige der Leichen waren erschossen worden. Auch wenn Minoki nicht sagen konnte, mit was für Waffen das angerichtet worden war. Die Eintrittswunden sahen keiner Projektil- oder Energiewaffe ähnlich, die sie kannte.

 

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1. August 2024 😍
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Und es gibt weitere gute Nachrichten. Die Romane "Das gefallene Imperium 1: Die letzte Bastion" und "Blutläufer 1: Grausame Ernte" stehen ebenfalls jeweils bei über 20.000 verkauften Exemplaren. Die Werke "Skull 1: Zu neuer Würde" und "Die Chronik des großen Dämonenkrieges 1: Das Vermächtnis des Königs", haben jeweils die Marke von 10.000 verkauften Exemplaren überschritten. Damit sind die Startbände der meisten meiner Serien jetzt fünfstellig bei den Verkaufszahlen. Ein großartiger Erfolg.
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Der Roman "Der Ruul-Konflikt 1: Düstere Vorzeichen" hat sich bisher unglaubliche 20.000 Mal verkauft. Und nächstes Jahr im Oktober feiert das Werk sein 15jähriges Jubiläum. Es war der Beginn einer epischen Reise aus nunmehr 17 Romanen, die Zehntausende Menschen in die Weiten des Alls und inmitten des Konflikts gegen die aggressiven Ruul entführt hat und noch entführen wird. Es macht mich einfach nur stolz und auch demütig, dass die Serie meiner Feder entsprungen ist. Ich wünsche allen Lesern und Hörern weiterhin viel Spaß mit der Serie und allen anderen Projekten von mir.
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