Leseprobe Ruul 16
Stefan Burban • 12. September 2022
Noch dieses Jahr soll der 16. Ruul-Band, also der 2. Teil der Til-Nara-Trilogie im Atlantis Verlag als Ebook, Taschenbuch und Hardcover erscheinen und kurz danach auch als Hörbuch bei Audible (gelesen von Michael Hansonis). Hier eine kurze Leseprobe, die euch auf den Roman einstimmen soll:
Der Planet Scylla befand sich an der Grenze zwischen Terranischem Konglomerat und Til-Nara-Hegemonie. Obwohl sich das System deutlich auf der terranischen Seite der Grenze befand, wurde die Besatzung der dortigen Basis gleichermaßen von Menschen wie auch ihren insektoiden Verbündeten gestellt.
Scylla war unbewohnt, befand sich aber in einer strate-gisch günstigen Position, was den Planeten geradezu prädestiniert machte, zum Aufbau einer schwer befestigten Festung.
Die Basis verteidigte die linke Flanke der Til-Nara-Grenze. Auf Scylla war das Neueste, was die Waffenschmieden des Konglomerats ausgespuckt hatten, in großer Stück-zahl stationiert worden: schwere doppelläufige 12-Zoll-Lasergeschütze. Diese Monster waren in der Lage, mit nur zwei oder drei Treffern selbst ein ruulanisches Flaggschiff zu erledigen. Und Scylla verfügte über achtzehn solche Geschütze.
Sollten die Ruul auf die Idee kommen, die linke Flanke der Til-Nara zu bedrohen, so mussten sie zunächst Scylla aus-schalten. Eine befestigte Stellung in ihrem Rücken zuzu-lassen, hätte ihre Nachschubwege und auch deren weiteren Vormarsch gefährdet. Kein Kommandant, der etwas auf sich hielt, hätte das zugelassen. Sei es Mensch oder Ruul.
Die Basis wurde von einem weiblichen TKA-Colonel mit Namen Virginia Patton kommandiert. Patton kam nicht von einer der etablierten Offiziersakademien. Sie hatte sich aus den Rängen der Unteroffiziere auf die richtig harte Tour nach oben gedient. Während einer Schlacht auf Mekong, zu Beginn des Krieges, war sie durch ihre unorthodoxe Art aufgefallen und noch auf dem Schlachtfeld in den Rang eines Lieutenants befördert worden. Die Schlacht um Mekong war verloren worden und die Ruul hatten letzten Endes die Kolonie eingenommen. Dennoch hatten Pattons Aktionen dazu geführt, dass eine große Anzahl der Kolonisten hatten evakuiert werden können. Bei all ihren kämpferischen Fähigkeiten so-wie ihrer taktischen Finesse, erfüllte sie bis heute vor allem dieser Umstand mit besonderem Stolz. Von diesem Mo-ment an, war ihre Karriere nicht mehr aufzuhalten.
Ihr Weg hatte sie schließlich nach Scylla geführt, wo man sie mit dem verantwortungsvollen Kommando über diese Basis geehrt hatte.
Pattons Weg hatte sie quer durch die meisten bedeutenden Schlachtfelder dieses Krieges geführt, was ihr eine besonders pragmatische Sichtweise auf Strategie, Taktik und die Ruul verlieh.
Als Patton an diesem Morgen zu Beginn der Frühschicht die Kommandozentrale der Basis betrat, war alles unauffällig und ruhig. Die Stützpunktbesatzung bestand aus etwa zwei-tausend Menschen und knapp der doppelten Anzahl Til-Nara. Die stationierte Streitmacht der Til-Nara setzte sich zu gleichen Teilen aus Mitgliedern der drei insektoiden Reiche innerhalb der Hegemonie zusammen.
Ihr Stellvertreter in der militärischen Hierarchie der Ba-sis war ein Til-Nara-Offizier namens Tonroy Tor. Er be-kleidete den Rang einer Kampfdrohne erster Klasse, was frei übersetzt in etwa einem Colonel des terranischen Militärs gleichkam. Darüber hinaus gehörte er dem Asken-tal-Reich an, das gemeinhin als sehr verlässlich gilt. Bei den anderen Reichen, musste man mitunter auf Intrigen gefasst sein. Aber die Königin der Asken-tal stand felsenfest zum Bündnis. Immerhin waren es ihre Streitkräfte gewesen, die im Asaltisystem zuerst in großem Umfang auf die Ruul ge-troffen waren.
Patton hatte Tonroy Tor anfangs als recht schwierig im Um-gang miteinander empfunden. Inzwischen hatte sie ihre Mei-nung revidiert und schob eventuelle Anfangsschwierigkeiten auf kulturelle Unterschiede zwischen Menschen und Til-Nara.
Patton ließ sich schwer in den Kommandosessel sinken, der auf einem kleinen Podest in der Mitte der Kommandozentrale angebracht und von mehreren Bildschirmen umgeben war. Sie lächelte als sie die Teetasse mit dem dampfenden Inhalt bemerkte, der auf der rechten Lehne stand.
Das war inzwischen ein Ritual zwischen Tonroy Tor und ihr. Der Til-Nara-Offizier konnte mit dem Getränk nichts anfangen. Für ihn war das einfach nur heißes Wasser, das man über irgendeiner komischen, irdischen Pflanze goss. Aber er hatte mittlerweile verinnerlicht, welchen Wert Patton auf eine heiße Tasse Tee am Morgen legte.
Der weibliche Colonel warf dem Tee einen sehnsüchtigen Blick zu, gab aber ihrem Verlangen noch nicht nach. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Das war ihr Motto und mit dem war sie bisher gut gefahren.
„Was liegt heute an, Tonroy?“
Der Insektoide trat näher, seine Mandibel klickten, während er seinen Bericht abspulte. Gleichzeitig drangen menschliche Laute aus dem Übersetzungsgerät an seinem Hals.
„Nichts wirklich Weltbewegendes“, gab er zurück. „Wir erwarten heute einen Nachschubconvoi. Er bringt uns Ersatzteile für die Geschütze vier, acht und elf.“
Patton lehnte sich erleichtert in ihrem Sessel zurück. „Na endlich. Solange die verdammten Dinger nicht repariert sind, klafft eine riesige Lücke in unserer Abwehr. Wie lautet die Prognose unserer Techniker?“
„Voraussichtliche Reparaturzeit ungefähr fünfzehn Stunden nach Eintreffen der benötigten Teile.“
„Sagen Sie ihnen, ich gebe ihnen zehn. Dann will ich, dass alle Batterien wieder vernünftig arbeiten.“
„Ich werde die Techniker entsprechend anweisen.“ Obwohl die übersetzten Worte aus dem Apparat seltsam klinisch neutral klangen, meinte Patton einen Anflug von Amüsement aus der Stimme des Til-Nara herauszuhören. Und ja, entgegen der landläufigen Meinung, besaßen die Insektoiden einen sogar sehr feinen Sinn für Humor. Man musste nur lange genug unter ihnen leben, um ein Gespür dafür zu bekommen.
„Sonst noch etwas?“
Der Til-Nara wollte fortfahren, doch just in dem Moment bemerkten sie, dass einer der Offiziere an den Sensoren um ihre Aufmerksamkeit heischte.
Patton gab Tonroy Tor mit einem Wink zu verstehen, sich darum zu kümmern. Unterdessen machte sich Patton eher lustlos an die Absolvierung ihres Arbeitspensums. Aus dem Augenwinkel bekam sie mit, wie der Til-Nara und der menschliche Offizier an der Radarstation gestikulierend miteinander diskutierten, nur um anschließend wieder ihre ganze Aufmerksamkeit dem Radarschirm zu widmen.
Tonroy Tor wandte sich schließlich um. „Colonel? Das soll-ten sie sich mal ansehen.“
Patton runzelte die Stirn. Neugierig geworden erhob sie sich und begab sich zu den beiden Offizieren. „Was gibt es?“
Tonroy Tor deutete auf den Radarschirm. „Wir haben in un-regelmäßigen Abständen Signale auf den Scannern. Sie verschwinden aber wieder, bevor wir sie eindeutig orten oder identifizieren können.“

Das Manuskript des neuen (elften) Imperium-Romans mit dem Titel "Waffenbrüder" ist nun zu 50 % fertig. Aus diesem Grund hier eine neue Leseprobe, frisch von meinem Arbeitsplatz: Die Steuerbordbreitseite wurde schwer getroffen und das gewaltige Kriegsschiff neigte sich auf dieser Seite be-denklich gen Boden. Finn biss sich auf die Unterlippe, be-fürchtete er doch schon das Schlimmste. Die Besatzung ge-wann jedoch den Kampf gegen die Schwerkraft. Die Fluglage der Colossus stabilisierte sich. Es gewann sogar langsam an Höhe. Unendlich vorsichtig, schob sich der Rumpf des Dreadnoughts durch die Wolkendecke Richtung Weltraum. Der unbekannte Feind war mit der Colossus aber noch nicht fertig. Unaufhörlicher Beschuss hämmerte auf bereits ge-schlagene Wunden ein. Ein Teil der gegnerischen Jäger drehte jedoch von der verwundeten Beute ab und griff die Stadt an. Ohne Mitleid oder Zögern bombardierten sie die Wohncontainer der Drizil. Bei allem Mitgefühl, bewegte den Anführer der Schattenle-gionen in diesem Moment jedoch nur eines: „Holt den Präsi-denten von der Bühne! Sofort!“ Wie sich herausstellte, war die Anweisung gar nicht not-wendig. Die Schattenlegionäre zerrten den Präsidenten, seine Frau und dessen gesamten Stab recht unsanft von der Bühne und brachten die Gruppe hinter einer Pinasse in Si-cherheit. Finn gesellte sich mit dem Gewehr im Anschlag dazu. Präsi-dent Donelly wollte in das Beiboot steigen, doch einer der Legionäre hielt ihn zurück. Finn packte den Mann grob an der Schulter. „Noch nicht. Wenn wir jetzt starten, pusten die uns vom Himmel, noch bevor wir den Orbit erreichen. Die Luft- und Raumverteidigung der Drizil, obwohl völlig überrascht von dem brutal ausgeführten Angriff, begann zu reagieren. Der Himmel war plötzlich voller Jäger der Fle-dermausköpfe, die sich eine wüste Schlägerei mit den unbe-kannten Angreifern lieferten. Die Drizil waren erheblich in der Überzahlt, es gelang ihnen aber dennoch kaum, die Stellung zu halten. Der Him-mel war erfüllt von einem Lichtermeer – schön und schreck-lich zugleich. Die Jagdgeschwader beider Seiten führten einen tödlichen Tanz auf. Energiestrahlen zuckten schein-bar ohne Plan und ziellos umher. Kampfmaschinen explodier-ten und ihre Überreste regneten brennend zur Oberfläche hinab. Schwere Laserbatterien mischten sich vom Boden aus in den Kampf ein. Sie woben ein gewaltiges Netz und jeder Feind, der damit in Berührung kam, verging in einem Wimpern-schlag. Dermaßen schnell, dass der betreffende Pilot nicht bemerkte, was ihn getroffen hatte. Die Kämpfe weiteten sich aus. Klobige Schiffe lösten sich aus dem Gefecht, scheinbar unbeteiligt. Finn war lange ge-nug Soldat, um einen Truppentransporter zu erkennen, wenn er einen sah. Er packte das Bolzengewehr in seinen Händen fester. Nun würden sie ihrem Feind bald Auge in Auge ge-genüberstehen. Oberhalb der Wolken gab es eine immense Explosion. So groß, dass sie für ein paar Sekunden die Aufmerksamkeit aller am Boden fesselte. Finn presste die Lippen aufeinander. Er hoffte nur, dass es nicht die Colossus erwischt hatte.